Unterschicht 2.0

28. Oktober 2006

Als ich heute wieder einmal meine RSS-Feeds durchstöbert hatte, stieß ich auf dem Marketing-Blog auf die Überlegung von Paul Buchhorn, dass Alles 2.0 sei, womit er sicherlich Recht hat.

Vieles ist erneuert und wird mit dem modischen Begriff des Internets bezeichnet.

Auch in der Politik gibt es jetzt so etwas.

Die Diskussion um das Wort „Unterschicht“ ist im Gange und man warnt davor, die sozial benachteiligten Menschen damit zu diskriminieren.

Nun haben sich die schlauen Politiker oder Forscher etwas Besseres einfallen lassen.

Die Menschen, die sonst die Unterschicht bildeten sind nun die Prekariaten. Sie bilden eben das Prekariat.

Also hat man nun ein großartiges Fremdwort, für diese armen Menschen. Allerdings fragt man sich ja nun auch, was dieses Wort überhaupt bedeutet und vertraut einfach mal Wikipedia.

Diese Wortneuschöpfung bedeutet also „ungeschätzte Arbeiter“. Gut, weiß ich jetzt Bescheid, kann man nun denken.

Aber wie man so schön sagt: „Blick ins Buch macht klug.“ Habe ich mir mal ein Wörterbuch geschnappt und bin auf das lateinische Wort precarius gestoßen, von dem die großartige Wortneuschöpfung zweifellos stammt.

Dieses sagt allerdings folgendes:

precarius, a, um (precor), zum Bitten gehörig

im Allg: adj. Bittend

insbes., auf Bitten = bittweise = auf dem Gnadenwege gewährt, erlangt nur erbeten, nur erbettelt

Auch das Onlinewörterbuch sagt nichts anderes.

Um noch einmal zurück auf die Überschrift und auf die Beobachtung von Paul Buchhorn zu kommen ein Schlussgedanke.

Macht die Politik aus der ehemaligen Unterschicht eine Unterschicht 2.0 und verfremdwortisiert sie diese Menschen zu Bettlern?

Oder finden sie das Wort Bettler, oder gelinder gesagt Bittsteller einfach weniger diskriminierend?

Schlußbemerkung: Aus dem Fremdwörterbuch: Das nennt man Euphemismus, zu deutsch: Schönfärberei.

Aber, “Uns geht’s ja noch gold”.

¬ geschrieben von Benedikt in Gedanken

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4 Kommentare zu ‘Unterschicht 2.0’

  1. aman sagte am 28. Oktober 2006 um 15:48 Uhr:

    vgl. auch Rechtschreibreform.2.0 und Rechtschreib.k.o. 2.0

    Heiliger Precarius.2.0; ehrlich: http://www.freitag.de/2004/53/04531102.php

  2. Paul Buchhorn sagte am 28. Oktober 2006 um 20:25 Uhr:

    Sehr interessante Ansichen, oder besser gesagt Beweise. Die Politiker werden wohl auch demnächst von dem Wort 2.0 gebrauch machen, fragt sich nur in welchem Zusammenhang.

  3. sum1 sagte am 30. Oktober 2006 um 13:51 Uhr:

    falsch! dei entwicklung geht rasant weiter! prekariat heisst jetzt digitale boheme! warum? siehe: http://sum1.onreact.com/index.php?p=972

  4. Steffen Reinholz sagte am 7. November 2006 um 15:44 Uhr:

    Ja, traurig aber wahr. Es gibt viele Unwörter und viele Boulevard Zeitungen leben ja von solchen neuen Wörtern udn Schlagzeilen, die die Menschen berühren / aufregen.

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